zur Übersicht

Babyblues oder Wochenbettdepression?

Die ersten Wochen nach der Geburt eines Kindes sind eine sehr sensible Zeit, in der viele junge Mütter intensive Gefühlsschwankungen durchleben. Was ist aber noch Babyblues und wann handelt es sich um eine Wochenbettdepression? Wir erklären Ihnen, wie Sie die Unterschiede erkennen können.

Nach neun Monaten Vorfreude auf das eigene Kind und einer anstrengenden Geburt sollte das Glück perfekt und die Freude groß sein. Enttäuschung und Sorge stellen sich ein, wenn dieses Glücksgefühl ausbleibt und stattdessen Traurigkeit das vorherrschende Gefühl ist.

Woran erkennt man den typischen Babyblues?

Etwa drei Tage nach der Entbindung sind die Hälfte aller jungen Mütter traurig, psychisch empfindlich, energielos oder zeigen Anzeichen einer depressiven Verstimmung – der Babyblues setzt ein. Diese sogenannten Heultage dauern normalerweise drei bis fünf Tage. Oft verbessert sich die Stimmung schon, wenn die junge Familie das Krankenhaus verlässt und wieder Zuhause in ihrer gewohnten Umgebung ist. Ursache für den Babyblues ist eine Umstellung der Hormone: Östrogene und das Gelbkörperhormon Progesteron sinken nach der Geburt sehr schnell ab, andere Hormone wie z. B. das für die Milchbildung zuständige Stillhormon Prolaktin steigen an. Dieser rasante Wechsel kann zu starken Stimmungsschwankungen führen, die aber nicht länger als eine Woche andauern sollten.

Worin unterscheidet sich die Wochenbettdepression vom Babyblues?

Hält dieser Zustand über mehrere Wochen oder Monate an, handelt es sich um eine Wochenbettdepression, die in schweren Fällen chronisch werden kann. Meistens entwickelt sich die sogenannte postpartale Depression drei bis sechs Wochen nach der Geburt. Zehn bis 15 Prozent aller Wöchnerinnen sind davon betroffen. Wahrscheinlich liegt die Dunkelziffer weitaus höher, weil viele junge Mütter aus Scham nicht über ihre Situation sprechen. Die Symptome einer Wochenbettdepression können sehr unterschiedlich sein: Oft treten Gefühle der absoluten Überforderung, Traurigkeit, Reizbarkeit und eine ständige Erschöpfung auf. Aber auch Unrast, Ruhelosigkeit, Antriebsmangel und Appetitlosigkeit sind Zeichen einer Wochenbettdepression. Manchmal reagieren Frauen nach der Geburt sehr ängstlich und fühlen sich einsam und unverstanden. Sie glauben, sie sind nicht fähig mit dem Kind umzugehen, sorgen sich, es nicht genug zu lieben und können keine Beziehung zu ihm aufbauen, was wiederum zu quälenden Schuldgefühlen und Versagensängsten führt. Im Extremfall entstehen aus lauter Verzweiflung Gedanken sich und dem Kind etwas anzutun. Leider verbergen viele Mütter ihre Gefühle aus Scham, nicht dem Klischee der überglücklichen Mutter zu entsprechen, was alles nur verschlimmert.

Ursachen einer Wochenbettdepression

Eine Wochenbettdepression kann jede Frau treffen. Häufig gibt es nicht die eine Ursache, sondern viele Faktoren wirken zusammen. Einen Anteil haben sicher die bereits erwähnten hormonellen Veränderungen. Dazu kommen körperliche, seelische und Umwelteinflüsse: die Erschöpfung durch die Geburt und das Stillen, der ungewohnte Schlafmangel, die neue Situation der zunächst kompletten Abhängigkeit eines Säuglings, ein traumatisches Geburtserlebnis oder vorausgegangene belastende Komplikationen während der Schwangerschaft. Negativ wirken sich auch eine mangelnde Unterstützung durch das Umfeld oder eine generelle Veranlagung zu depressiven Reaktionen aus. Hat eine Frau bereits während der Schwangerschaft depressive Episoden oder gab es bei früheren Geburten Wochenbettdepressionen, kann die Situation nach der Geburt gezielt entschärft werden. Dazu bietet sich z. B. eine intensivere Betreuung der Wöchnerin durch die Hebamme oder das Klinikpersonal an. Auch der Partner kann verstärkt die Betreuung des Kindes übernehmen und so beispielsweise für mehr Schlaf sorgen. Auch eine Einschränkung anstrengender Besuche kann sinnvoll sein. Weitere Tipps für das Wochenbett finden Sie in unserem Artikel Nachsorge und Rückbildung nach der Geburt.

Oft ist eine Wochenbettdepression gut behandelbar

Entscheidend ist, die Situation zu erkennen und nicht zu verharmlosen. Es ist völlig in Ordnung, nicht sofort im puren Mutterglück zu versinken. Eine junge Mutter darf in diese neue, veränderte Situation hineinwachsen und sich Unterstützung und Hilfe suchen. Sie ist mit ihren Gefühlen nicht allein und in den allermeisten Fällen ist eine Wochenbettdepression gut behandelbar. Eine Möglichkeit ist das vertrauensvolle Gespräch mit der Nachsorge-Hebamme und deren Betreuung zu verlängern. Ansprechpartner darf und kann auch der behandelnde Frauenarzt sein. In einem Gespräch können gemeinsam Maßnahmen entschieden und eingeleitet werden: Eine psychotherapeutische Behandlung ist häufig sinnvoll. Manchmal sind gerade zu Beginn der Behandlung moderne Antidepressiva hilfreich, die auch während des Stillens eingenommen werden dürfen. So können die Frauen schneller aus der Depression herauskommen und eine stabile Mutter-Kind-Beziehung aufbauen. Außerdem finden Familien unter dem Stichwort ‚Frühe Hilfen’ im Internet ein regionales Beratungs- und Hilfsangebot speziell für junge Familien mit Kindern von 0-3 Jahren, die Unterstützung in unterschiedlichen Formen anbieten.

Es gibt viele verständnisvolle Anlaufstellen, an die Sie sich vertrauensvoll wenden können, wenn Sie glauben an einer Wochenbettdepression zu leiden. Scheuen Sie sich nicht, diese Hilfsangebote zu nutzen oder auch uns anzusprechen.